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Sich fremdschämen
Informationsveranstaltung zu einem Projekt "Flüchtlingsunterkunft Tangstedter Landstraße 81

Sich fremdschämen

 

Ein Dienstagabend im Oktober 2025. Das Bezirksamt Hamburg-Nord lädt ein zu einer Informationsveranstaltung zu einem Projekt "Flüchtlingsunterkunft Tangstedter Landstraße 81", das auf dem ehemaligen Gelände von Europcar realisiert werden soll. -

Die VertreterInnen des Bezirksamts versuchen zunächst die Gründe zu erklären, warum ein Versammlungsort in Fuhlsbüttel ausgesucht worden ist: Die Aula des Gymnasiums Alstertal im Erdkampsweg. Die anwesenden AnwohnerInnen aus Langenhorn kann es erkennbar nicht überzeugen, dass man in Langenhorn keine der vielen Schulaulen gefunden habe, die für diesen Anlass deutlich besser geeignet gewesen wären. Viele argwöhnen, dass die Behörde an einem größeren Andrang aus Langenhorn nicht sonderlich interessiert gewesen sei. -

Dennoch sind mehr als 120 Menschen aus Langenhorn gekommen. Die VertreterInnen des Bezirksamts scheinen gut vorbereitet zu sein: Fachleute aus mehreren Abteilungen des Sozialamts, des Bauamts und des Migrationsmanagements haben sich auf dem Podium versammelt, eine Staatsrätin aus dem Senat, die neue Leiterin des Bezirksamts, ein Vertreter der Ärzteschaft und eine Schulrätin aus der Schulbehörde sind ebenfalls angereist.

Die behördlichen AmtsträgerInnen bemühen sich, ihre Planungen für die Unterbringung der ca. 240 Geflüchteten sachlich vorzustellen und zu erläutern.

Was sie offenbar zunächst nicht erkennen: Ein Großteil der anwesenden BürgerInnen ist nicht gekommen, um Planungsdetails zu erfahren, sondern in der Hoffnung, das Projekt noch zu verhindern. So ergibt es sich, dass das Podium und das Publikum zunächst aneinander vorbei diskutieren. Als sich im Saal allmählich die Erkenntnis durchsetzt, dass die Entscheidung für die Flüchtlingsunterkunft längst gefallen ist, wird die Atmosphäre immer gereizter. 

Das Argument, dass der Stadtteil Langenhorn schon jetzt sehr viel mehr Geflüchtete aufgenommen hat als etwa die Stadtteile am Elbufer oder in den Walddörfern, ist zwar auch von den Menschen auf dem Podium nicht zu bestreiten, kann aber an diesem Abend nicht zu einer Lösung des Problems beitragen.

Als klar ist, dass es sich hier nicht mehr um einen sachlichen Informationsaustausch handeln kann, wird die Kluft zwischen den beiden Seiten offensichtlich: Das Bezirksamt sieht sich in der Pflicht, die Geflüchteten hier in Langenhorn unterzubringen, die meisten der anwesenden Diskutanden wollen die Migranten hier nicht haben. Als sich am Saalmikrofon auch noch Vertreter der AfD zu Wort melden und die Stimmung anheizen, kann von einem "gesitteten" Austausch von Rede und Gegenrede nicht mehr gesprochen werden. Häme, Hetze und Hass beherrschen die Diskussion, es wird gepöbelt und gebrüllt. Und leider wird deutlich, dass sich hier eine blanke Fremdenfeindlichkeit Bahn bricht, die kaum jemand bei den LangenhornerInnen vermutet hätte. -

Als ein junger Mann den Mut hat, ans Mikrofon zu treten und zu verkünden, er freue sich sogar darauf, die ankommenden Geflüchteten in der Nähe des Langenhorner Marktes als Gäste begrüßen zu können, brachte er das Fass zum Überlaufen: Ein größerer Teil der wutentbrannten Pöbler stand auf und verließ demonstrativ den Saal.

Die Veranstalter brachten den Abend noch zügig und auch "anständig" zu Ende, aber fast alle Beteiligten verließen die Aula mit einem unguten Gefühl: Einiges war heute vielleicht gut gemeint, aber unter dem Strich ist der Versuch einer Verständigung kläglich gescheitert. Eine ältere Frau aus dem Publikum sagte, sie habe sich noch nie so "fremdgeschämt". -

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